Management

Mit KVP zu einer erfolgreichen Unternehmenskultur: Erfolgsrezept der Hug AG.

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Adrian Hanselmann

Veröffentlicht am: 11.07.2024

Lesedauer

ca. 5 Minuten

Die einzige Konstante ist die Verbesserung. Was alle Unternehmen herausfordert, meistert die Schweizer Firma mit ihren beliebten Backwaren und Süssgebäcken besonders gut. Wir haben mit Fabian Hug, fünfte Generation des Familienunternehmens und Leiter Entwicklung und Qualitätsmanagement, über den kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) und die Unternehmenskultur als Erfolgsrezept gesprochen. 

Beginnen wir am Anfang: Was war die Vision Ihrer KVP-Entwicklung? 

Als ich 2015 zur Firma kam und 2020 in die Geschäftsleitung berufen wurde, war der KVP bereits in vollem Gange. Die Initialzündung war vom Leiter der Produktion gekommen, einem Mitglied der Geschäftsleitung, der schon Anfang der 2000er-Jahre Verbesserungsprozesse mit dem Stichwort «Weltklasse im Umrüsten» einführte. Sein Ziel war es, die benötigte Zeit, um die Produktionsmaschinen einzurichten und umzurüsten zu optimieren. Durch seine Teilnahme an Seminaren und den Austausch mit anderen Fachleuten kam er in Kontakt mit Kaizen (siehe Infobox). Er überzeugte schliesslich die Geschäftsleitung, das Prinzip auf die gesamte Firma auszuweiten. 

Fabian Hug, Leiter Entwicklung und Qualitätsmanagement
Bild: zvg

Welche Bedeutung hat die kontinuierliche Verbesserung für Hug? Und wie sah die Umsetzung des KVP in den ersten Jahren aus? 

Als Produktionsbetrieb dreht sich alles um unsere Fertigung und um die produzierenden Mitarbeitenden. So begannen auch die ersten Schritte zur kontinuierlichen Verbesserung in der Produktion. Ganz am Anfang stand die Weiterbildung der Anlagenführer, um Störungen selbst zu beheben und Umstellungen vorzunehmen. Dies war ein früher Ansatz des heutigen KVP, noch nicht vollständig institutionalisiert und auch noch nicht unter dem Begriff KVP, aber ein erster Schritt in die richtige Richtung. 

 

Wie verlief die Einführung des KVP nach der Entscheidung, unternehmensweit auszurollen? 

Der KVP wurde über zwei Jahre hinweg mit externer Unterstützung eingeführt. Wir starteten mit Pilotteams in der Administration und Produktion. Nachdem diese ersten Teams einige Monate erfolgreich gearbeitet hatten, wurde der Prozess auf das gesamte Unternehmen ausgerollt, was insgesamt 12 bis 18 Monate dauerte. Innerhalb kurzer Zeit wuchs die Anzahl der involvierten Teams von drei in der Pilotphase auf bis zu 30 im gesamten Unternehmen. 

 

Wie sieht das heute aus? Mit welchen Instrumenten und Rollen arbeiten Sie?  

Viel läuft über Führung, die KVP-Teamleitungen. Diese haben jederzeit die Möglichkeit, den KVP-Ausschuss zu kontaktieren, der den KVP auf Leitungsebene repräsentiert. Wir haben zusätzlich KVP-Coaches, die über mehrere Teams verteilt sind und diese mehrmals pro Jahr besuchen – und somit den Austausch zwischen den Teams fördern. Es gibt zusätzlich ERFA-Austausch-Termine aller KVP-Teamleitenden. Und dann haben wir noch unser Belohnungssystem. Jedes Team, das die Basics (Anzahl Meetings pro Jahr und Zusatztermine Blitz-KVP) erfüllt, erhält pro Person einen 30-Franken-Gutschein in die Teamkasse, um zusammen etwas zu unternehmen. Es ist ein Wettkampf, aber alle können gewinnen.  

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KVP in der Guetzli-Produktion
Bild: zvg

Können Sie mir ein Beispiel einer besonders guten Idee geben? Wie sieht eine solche Verbesserung konkret aus?  

Es werden jedes Jahr über 1500 Massnahmen umgesetzt. Es sind oft kleine Verbesserungen, die den Alltag vereinfachen. Letztes Jahr wurde die Idee ausgezeichnet, die Schrauben in einer Maschine mit Farbe zu markieren: Grün für die Schrauben, die gelöst werden durften und rot für alle anderen. Eine zweite Idee schlug vor, bei einer Maschinenabdeckung, die wöchentlich gereinigt wird, statt 10 Schrauben zwei Scharniere zu montieren.  

Beide Ideen zeigen beispielhaft, wie kleine Verbesserungen zu Zeiteinsparungen und Fehlervermeidung dienen können. In der Menge macht das viel aus. 

 

Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur?  

Eine zentrale natürlich. Unser Leitbild mit den Buchstaben H (herzlich), U (unternehmerisch) und G (gewissenhaft) beinhaltet bereits die wichtigsten Werte und Qualitätsansprüche. Das Leitbild kennen alle Mitarbeitenden, es gehört zum festen Bestandteil des Onboarding-Prozesses dazu.  

In ihrer täglichen Arbeit sind sich die meisten gewöhnt, Aufgaben auszuführen, die dann auch mal erledigt sind. Der KVP hingegen ist niemals fertig und lässt sich auch nicht einfach abhaken. Mit dieser Tatsache umzugehen, ist manchmal schwierig. Das gilt es auszuhalten. Ich sage immer: «Der jetzige Zustand ist der schlechtest mögliche». Es ist klar eine Kulturfrage, sich immer wieder verbessern zu wollen.  

 

Hat Ihnen die Norm ISO 9001 bei Ihrem Vorhaben geholfen?  

Ein funktionierendes Qualitätsmanagementsystem ist für die Einführung einer Qualitätskultur rund um den KVP ein wichtiges Fundament, das die Arbeit wesentlich erleichtert. So muss man nicht noch einmal von vorn beginnen, sondern hat die Möglichkeit, auf bestehende Prozesse aufzubauen.  

 

Wenn man Ihnen so zuhört, hat man das Gefühl, alles laufe wie geschmiert. Gibt es auch Schwierigkeiten bzw. Herausforderungen, denen Sie begegnen? 

Ja, sicher! Die grösste Herausforderung ist, immer wieder Motivation zu erzeugen, damit alle Mitarbeitenden Lust haben, daran mitzuarbeiten, und alle Führungskräfte den Sinn dahinter verstehen und mittragen. Wir beobachten nach vielen Jahren mit dem KVP als Teil unserer Unternehmenskultur, dass die grössten Verbesserungen mit starkem Impact seltener werden. Neue Verbesserungen sind häufig kleiner. Insbesondere in konstanten Teams ist es dann eine Herausforderung, die Motivation hochzuhalten.  

 

Welche Tipps haben Sie für Qualitätsverantwortliche oder Führungskräfte, die den KVP in ihrem Unternehmen einführen möchten? 

  1. Top-Down-Unterstützung: Die Geschäftsleitung muss voll hinter dem KVP stehen und ihn aktiv vorantreiben. Das ist zentral.
     
  2. Schrittweise Einführung: Beginnen Sie mit Pilotteams, und rollen Sie den Prozess nach und nach aus. Nicht zu viel auf einmal. 
     
  3. Regelmässige Kommunikation: Stellen Sie sicher, dass alle Mitarbeitenden über Ziele und Fortschritte informiert sind. Und halten Sie sie auf dem Laufenden. 
     
  4. Kontinuierliche Schulung: Investieren Sie in die Weiterbildung Ihrer Mitarbeitenden, um sicherzustellen, dass sie die notwendigen Fähigkeiten und das Wissen haben, um aktiv am KVP teilzunehmen. 

Viele Kunden berichten davon, dass die interne Kommunikation mit den Teams relativ einfach gehe. «Gegen oben» hapere es aber oft. Wie stellen Sie sicher, dass Qualitätsmanagement und der KVP C-Level-Themen sind? 

Das hängt sicher vom Organisatorischen als auch von den verantwortlichen Teams ab. Bei uns ist das KVP nicht beim Qualitätsmanagement angesiedelt, sondern in der Produktionsleitung. Einerseits sollte die QM-Leitung als auch der oder die KVP-Verantwortliche für ihre Themen aktiv auf die Mitarbeitenden und die Geschäftsführung zugehen, und auch von ihren Teams verlangen, den Austausch zu suchen. Es soll unbedingt vermieden werden, dass das Qualitätsmanagement oder das KVP als Kontrollstelle betrachtet wird, die die Arbeit mühsamer macht – sondern wirklich als Unterstützung, die helfen kann, Lösungen zu finden. 

Denn nur so kann den Mitarbeitenden und auch dem C-Level aufgezeigt werden, dass sich der Aufwand lohnt und welche konkreten Erfolge es bringt. Nur schon finanziell: Wir haben mit den KVP-Massnahmen seit der Einführung mindestens 1.5 Mio. Franken eingespart – und werden dies in Zukunft weiterhin tun.

Kaizen

Der japanische Begriff Kaizen bedeutet «gute Veränderung». Der heute bekannte Demingkreis (PDCA-Regelkreis) fand historisch zuerst in dem Inselstaat breite Anwendung. Kaizen greift dieses Vier-Stufen-Modell auf und entwickelt es weiter. Der Schwerpunkt liegt auf kleinen, kontinuierlichen Verbesserungen unter Einbeziehung aller Mitarbeitenden in den Verbesserungsprozess. 

Während der PDCA-Zyklus als systematischer Ansatz zur Problemlösung und Prozessverbesserung dient, betont Kaizen die kulturelle und menschliche Komponente der kontinuierlichen Verbesserung. Beide Konzepte ergänzen sich und bieten zusammen einen ganzheitlichen Ansatz zur kontinuierlichen Verbesserung in Unternehmen, insbesondere im Kontext der Anforderungen von ISO-Managementsystemen.

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