Management

«Damit die Koordination und Kommunikation funktionieren»: Qualitätsmanagementsysteme in Berufsfachschulen

alex.gertschen@sqs.ch

Alex Gertschen

Veröffentlicht am: 04.04.2024

Lesedauer

ca. 3 Minuten

Die Berufsbildung in der Schweiz ist ein Erfolgsmodell: Lernende gehen zur Schule und arbeiten parallel dazu bereits im Lehrbetrieb. In Berufsfachschulen kommen Fachkräfte – für die Unterrichten nur eine Nebentätigkeit ist – mit den hohen Qualitätsstandards der Schweizer Bildungslandschaft zusammen. Eine Herausforderung für jede Organisation und eine Aufgabe für Qualitätsmanagementsysteme. 

Berufs- und Branchenverbände. Lehrbetriebe. Lehrende aus der Praxis, die pro Monat zwei, drei oder vier Lektionen unterrichten. Keiner dieser Akteure ist ein Bildungsprofi. Aber in Zusammenarbeit mit den Berufsfachschulen erstellen sie ein Angebot, das dank seiner wirtschaftlichen Effektivität und Effizienz sowie seiner sozialen Integrationskraft weltweit auf Beachtung stösst. Die Formel ist einfach: 1 Tag Schule und 4 Tage Arbeit im Betrieb bzw. 2 Tage Schule und 3 Tage Arbeit im Betrieb pro Woche.  

Dahinter verbirgt sich ein komplexes System, in dem vielfältige Akteure zielgerichtet zusammenarbeiten. Für das Ge- oder Misslingen dieser Zusammenarbeit sind Werte, gesetzliche und informelle Regeln entscheidend. Auf der normativen Ebene sollte ein Konsens herrschen, dass Bildung ein Wert an sich ist; auf der strategischen, dass diese Form der Ausbildung auf den Arbeitsmarkt ausgerichtet und deshalb kollaborativ zwischen den Organisationen der Arbeitswelt (Berufs- und Branchenverbände), den Lehrbetrieben und den Berufsfachschulen durchgeführt werden muss.  

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Schliesslich braucht es praktische Normen, die das Zusammenwirken dieser unterschiedlichen Akteure erleichtern oder erst ermöglichen. Hier kommen Managementsystem-Normen ins Spiel – im Fall der Berufsschule Aarau die ISO 9001 (Qualitätsmanagement), die ISO 14001 (Umweltmanagement), die ISO 21001 (Anforderungen an Dienstleister der Aus- und Weiterbildung) sowie eduQua (Qualitätszertifikat für Weiterbildungsinstitutionen), im Fall des Bildungszentrums Interlaken die ISO 21001.  

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Berufsschule Aarau
Bild: zvg

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Bildungszentrum Interlaken
Bild: zvg

Beide Berufsfachschulen machten sich vor rund 20 Jahren auf, ein Managementsystem nach der ISO 9001 einzuführen und in den folgenden Jahren nach anderen Normen weiterzuentwickeln. Die bsa-Rektorin Margret Baumann und der BZI-Rektor Ernst Meier sind sich einig, dass Normen es ihren Institutionen entscheidend erleichtern, sich eine Orientierung, Strukturen und Prozesse zu verschaffen und so auch besser mit den anderen Akteuren der Berufsbildung zusammenzuarbeiten. 

Baumann und Meier berichten aus ihrer Erfahrung: Auszüge aus zwei Interviews aus dem Sachbuch «Räderwerk der Normalität. Wie Normen und Standards Vertrauen schaffen». 

 

Qualitätsmanagement in Berufsfachschulen

«Die Komplexität ist im Vergleich zur Volksschule viel grösser. Unsere Schülerinnen und Schüler gehen nicht Vollzeit zur Schule. Die Hälfte unserer Lehrkräfte ist in der Praxis tätig und arbeitet nur Teilzeit bei uns. Hinzu kommen die Ausbildner in den Lehrbetrieben, auch sie keine Bildungsprofis. Damit die Koordination und Kommunikation funktioniert, brauchen wir ein QMS. Unsere Schule besteht aus vier Standorten, 20 Berufen und drei Grundbildungsabteilungen. Das erfordert angepasste Prozesse.» 

Ernst Meier 

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BZI-Rektor Ernst Meier und
bsa-Rektorin Margret Baumann
Bilder: zvg

Managementsystem-Normen im Alltag

«Die Normen zeigen uns auf, wie wir einen strukturierten Reflexionsprozess durchführen, um uns nicht im Tagesgeschäft zu verlieren, Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden und Prioritäten zu setzen.» 

Margret Baumann

 

«Ein gutes Verwaltungssystem zwingt einen, sich strukturiert mit den damit verbundenen Fragen auseinanderzusetzen: Welche Wirkungen wollen wir genau erzielen? Welche Massnahmen müssen wir dafür umsetzen? Und wie messen wir die Wirkungen dieser Massnahmen? Wenn man diese Fragen nicht konsequent beantwortet, macht jeder, was er will.» 

Ernst Meier 

Mehrwert des SQS-Audits

«Für mich bedeutet das Audit der SQS eine zusätzliche Motivation. Ob man es als Druck empfindet, hängt davon ab, ob das eigene System fit ist. Zudem ermöglicht uns das Audit einen Dialog für eine Standortbestimmung, eine fundierte Bewertung unserer Arbeit.» 

Ernst Meier 

 

«Die Audits machen uns dann jeweils bewusst, was wir geleistet haben und wo wir uns noch verbessern müssen.» 

Margret Baumann  

QMS und Kommunikation nach aussen

«Es stellt für uns das Fundament dar. Wie will ich gegen aussen strukturiert und stark auftreten, wenn dies in den eigenen vier Wänden nicht gelebt wird?» 

Margret Baumann 

Räderwerke der Normalität

Beide Gespräche sind in voller Länge im Buch «Räderwerke der Normalität. Wie Normen und Standards Vertrauen schaffen» nachzulesen. Die SQS hat es anlässlich ihres 40-jährigen Bestehens im Verlag NZZ Libro veröffentlicht. Anhand von Grundlagenartikeln und Fallbeispielen zeigt das Buch auf, wie Normen und Standards es Unternehmen erlauben, hohe Erwartungen zuverlässig zu erfüllen – und so zu einer Normalität beitragen, die alles andere als normal ist. Das Buch ist auf Deutsch sowie – als E-Book – auf Englisch, Französisch und Italienisch erschienen.

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